Donnerstag, 19. Dezember 2019

Taking chances pt. 2 - letzte Chancen


An irgendeinem Punkt in unserer Kindheit, haben wir uns zum endgültig letzten Mal mit unseren Freunden zum Spielen getroffen. Wir waren uns dessen höchstwahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst und nur die wenigsten werden noch Erinnerungen an diesen Moment haben… Und doch war es so. Es war das letzte Mal – die letzte Chance. Und für viele wohl auch der Moment, an dem ihre Kindheit endete.

Es ist irgendwie beängstigend, dass so ein bedeutsamer Moment so tonlos und unauffällig an uns vorbeigezogen ist. Man mag es darauf schieben, dass man ja noch ein Kind war und die Erinnerungen an diese Zeit ohnehin bestenfalls vage sind… doch leider stimmt das so nicht unbedingt. Tatsächlich sind die letzten Male, deren Endgültigkeit wir uns vorher bewusst sind – der letzte Schultag, der Auszug bei den Eltern, der Moment, wenn man seinen Hund das letzte Mal zum Tierarzt bringt – eher in der Minderheit. Meistens kommt die Gewissheit erst viel später.

Gerade im zwischenmenschlichen Bereich ist es ziemlich einfach, sich das vor Augen zu führen. Denkt man etwa zurück, an die Menschen, mit denen man seine Jugend verbracht hat, wird man bei den meisten – zumindest im Groben – wissen, wann man sie zuletzt gesehen hat. Was einem aber erst im Laufe der Jahre bewusst wird, ist dass es bei einigen auch das letzte Mal bleiben wird.  Man lässt die letzten Chancen ungenutzt, oder bekommt vielleicht gar keine mehr.

Das an sich ist nicht weiter tragisch, oder besonders – es ist einfach der Lauf des Lebens. Aber ich denke, es ist ein gutes Beispiel, um sich bewusst zu machen, dass einfach alles, was unser Leben ausmacht, endlich ist.

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Das klingt jetzt vermutlich, wie eine „lebe jeden Tag, als wäre es Dein Letzter“-Promotion, aber ganz so meine ich es dann doch wieder nicht… Nicht zuletzt, weil es wohl ziemlich schnell tatsächlich mein Letzter wäre, wenn ich jeden Tag so leben würde.

Vielmehr ist mir in den letzten Monaten besonders klar geworden, wie bedeutsam es ist, all das, was einem wichtig ist, ganz bewusst zu genießen und zu erleben. Klingt irgendwie logisch und selbstverständlich, nicht wahr? Und doch habe ich das vorher, so glaube ich, nie getan – Zeit bewusst genossen und bewusst wahrgenommen, dass bestimmte Momente etwas Besonderes sind. Seit ich das tue (oder es zumindest versuche), erlebe ich vieles anders. Ich freue mich intensiver auf das, was bevorsteht und bin dankbarer für das Erlebte.

Je mehr Jahre wir sammeln, desto grauer und monotoner wird der Alltag. Immer weniger ist neu - das ist nun einmal so. Ich glaube, irgendwann sollte jedem bewusst werden, dass das Gestern mit irgendeinem Tag vor 20 Jahren mehr gemeinsam hat, als mit dem Heute, oder dem Morgen. Genauso, wie ein beliebiger Tag im Dezember 1999, ist das Gestern vergangen, unwiederbringlich und nicht wieder erlebbar.  Daher sollte es keine allzu große Rolle spielen, ob wir uns "erst gestern", oder "erst vor zwei Wochen" Zeit für bestimmte Dinge genommen haben, die uns wichtig sind.

Es ist schön, wenn man den Alltag mit angenehmen Momenten unterbrechen kann, um das Leben ein bisschen lebenswerter zu machen. Es ist noch besser, wenn man diese Momente zu einem Teil seines Alltags machen kann... Zeit für Freunde, für sich, für ein gutes Buch, oder um einfach mal auszubrechen. Man sollte sie sich so oft nehmen, wie man kann, denn irgendwann kann der Satz "es ist ja erst ein paar Wochen her" bedeuten, dass man etwas zum letzten Mal erlebt hat, ohne es in diesem Moment zu wissen.

Menschen kommen und gehen & unser Interesse neigt dazu, allzu schnell verloren, oder im Alltag unter zu gehen - nur um dann an einem Punkt unseres Lebens zurück zu kommen, an dem der Wille, die Zeit, oder die Kraft fehlt. An einem Punkt, an dem die letzte Chance bereits hinter uns liegt.


"Es ist noch Zeit", sagt man sich oft
"für alles, was ich mag."
Und so verschiebt man und man hofft
auf einen and'ren Tag

Doch wenn der Tag gekommen ist,
ist es vielleicht zu spät
Weil jeder allzu gern vergisst,
wie schnell die Zeit vergeht


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A Nightmare before Christmas

Die Weihnachtszeit ist eine unangenehme Zeit, um allein zu sein - jeder weiß das, denn die Medien predigen es ja in jedem Jahr aufs neue. Und auch wenn die Annahme, dass sich in dieser Zeit die meisten Menschen das Leben nehmen, nur ein Mythos ist, liegt Wahrheit in der Kernaussage.

Ich habe in den letzten Wochen selbst erlebt, was für einen großen Unterschied Gesellschaft in dieser Zeit machen kann, in der das Zusammensein überall in den Mittelpunkt gestellt wird. Ein Abstecher zum Weihnachtsmarkt ist in Gesellschaft eine derartig andere Erfahrung, als ein Besuch allein, dass es fast schon surreal scheint.

In Gesellschaft fühlt man sich irgendwie als Teil eines Ganzen, dass es zum Jahresabschluss tatsächlich geschafft hat, ein bisschen Zufriedenheit in sich und der Welt zu finden. Es gibt unzählige Lichter gegen die Dunkelheit, es gibt Glühwein und Feuer gegen die Kälte. Die Atmosphäre zwingt einen geradezu dazu, anzuerkennen, dass jetzt & hier & in diesem Moment einfach alles in Ordnung ist.

Allein ist die Erfahrung eine andere... Man fühlt sich schnell deplatziert, unzugehörig und fast schon wie ein Störfaktor, in dieser Masse aus Zufriedenheit und Wärme, in der es vornehmlich darum geht, beieinander zu sein. Eigentlich will (und sollte) man so etwas nicht an sich heran lassen, aber irgendwie tut man es dann doch... Besonders, wenn man über so viele Jahre darauf konditioniert wurde, welche Bedeutung diese Zeit für den einzelnen (zu haben) hat. Und so stimmt es dann wohl leider, dass man sich in dieser Zeit des Jahres manchmal einsamer fühlen kann, als sonst unter gleichen Umständen.


In den kommenden zwei Wochen habe ich frei - mal schauen, wie es wird. Es ist, wie gesagt, nicht unbedingt die beste Zeit dafür & ein wenig graut es mir davor...

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Aber man darf nicht missgünstig werden. Es ist trotzdem etwas Schönes und wenn man sich nicht auch einfach für andere freuen kann, hat man - so denke ich - einen Teil seiner Menschlichkeit verloren. Daher freue ich mich... insbesondere für jeden von Euch, der Zufriedenheit, Wärme und Nähe in den letzten Atemzügen des ausklingenden Jahres findet. Wie auch immer Euer 2019 verlaufen sein mag - ich hoffe, Ihr alle habt Eure Gründe, um ein bisschen glücklich zu sein.

Damit verabschiede ich mich dann auch für dieses Jahr...

Vielen Dank für Eure Zeit, für die Kommentare und die Nachrichten - für alles, das ein bisschen Licht in dieses oft recht dunkle Jahr gebracht hat. Ich wünsche Euch eine schöne Weihnachtszeit, viel Freude mit den Menschen, die Euch am liebsten sind und einen guten Start ins neue Jahr. Lasst es Euch gut gehen...


...und vielleicht bis bald.

 Micha