Mittwoch, 17. März 2010

Im Exil

"Hier gibt es Wölfe." sagen sie uns. "5 Rudel mit ungefähr 50 Tieren. Die einzigen in Deutschland, die sich nicht nur in einem eingezäunten Gebiet bewegen." Der Stolz in der Stimme ist deutlich zu hören. Man hat mich verbannt.

Neidvoll folgt mein Blick dem Rauch meiner Zigarette, der sich in die nächtlichen Wälder der Lausitz ausbreitet. Ich beneide ihn um seine Freiheit. Um seine Gewissenlosigkeit. Der Blick über meine Schulter erinnert mich an die Realität, als er auf die Wand der Backsteinbaracke fällt. "Haus 13" verkündet ein angelaufenes Schild. "Zimmer 23" sagt der Metallchip an dem kleinen Schlüsselbund.

Zur Sache:

Letzte Woche bekam ich einen Brief vom Bundesamt für den Zivildienst (BAZ). Inhalt war, dass ich mich gefälligst am Dienstag, den 16.03. in einem Ort namens "Schleife" in Sachsen einzufinden hätte... zum Glück haben faule, verlauste Zivis, wie ich, nie irgendwelche längerfristigen Pläne.
Zum Örtchen Schleife braucht man eigentlich kaum etwas zu sagen. Es liegt kurz hinter der deutsch-sächsischen Grenze und ist eines der 5 sorbischen Kulturzentren in Deutschland. Was mich nach Schleife führt ist allerdings die Zivildienstschule. Eine von 17 in ganz Deutschland (für Zahlenfetischisten). An dieser Zivildienstschule werden Seminare zur politischen Bildung angeboten, die seit dem 01.01.2010 für alle Zivildienstleistenden Pflicht sind. So auch für mich.

Lange Rede, gar kein Sinn: ich hasse es hier. Ich sitze mitten in der verdammten Pampa! Bzw. in einem Wald, der offenbar ausschließlich von Wölfen und Wildschweinen bewohnt wird. Die Zivildienstschule besteht aus einigen Teilrenovierten Baracken aus den Jahren 1936/37, in denen mir den lieben langen Tag gepredigt wird, wie froh ich doch darüber sein kann, dass ich Zivi bin. Und als ob das noch nicht genug wäre, teile ich mein Schicksal mit über 100 anderen Zivis, von denen etwa 90% Sachsen sind.
ICH, der ich ohnehin schon schwerhörig bin! Ich fühle mich fast schon ausgestoßen zwischen all dem unverständlichen Gebrabbel, weil mein Wortschatz sich an diesem Ort notgedrungen auf die Wörter "Wie bitte?", "Was?" und "Hä?" beschränkt. Freakig...

Ich muss Schluss machen. Einer anderer fordert sein Internetnutzungsrecht. Wünscht mir Glück, damit ich Freitag wieder ungeschädigt in der Heimat ankomme.

So far...

1 Kommentar:

  1. Wtf, du Armer.
    Mein Mitleid ist dir sicher.
    Wärst du mal zum Bund gegangen! Da wären dir wenigstens die Sachsen erspart geblieben.

    Wir müssen telen. Dringend.
    Habe dir so einiges zu erzählen und du mir bestimmt auch, denke ich. Aber mein Handy ist immernoch im Arsch, ich habe es noch nicht geschafft, es wegzubringen.

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